Meistern Sie Mehrtagestouren: Von der Planung über die physische und mentale Vorbereitung bis zur Bewältigung unerwarteter Herausforderungen in der Natur. Experten-Tipps für unvergessliche Abenteuer.
Die Herausforderung von Mehrtagestouren meistern
Wenn du schon einmal auf einer Mehrtagestour warst, egal ob zu Fuß, mit dem Rad oder auf dem Wasser, dann weißt du, dass es nicht nur um die atemberaubenden Landschaften geht (die sind natürlich ein Bonus!). Es ist eine Mischung aus Planung, körperlicher Ausdauer und mentaler Stärke. Die Herausforderung dieser Touren kann sowohl befriedigend als auch überwältigend sein. Wie also meistert man diese Herausforderungen? Lass uns gemeinsam eintauchen.
Mehrtagestouren sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Laut einer Studie des Deutschen Wanderverbands aus dem Jahr 2023 geben über 60% der Wanderer an, mehrtägige Touren als „sehr reizvoll“ zu empfinden. Die Faszination liegt auf der Hand: Es ist das Eintauchen in die Natur, das Loslassen des Alltags und das bewusste Erleben von Landschaften, die man an einem Tag nicht erreichen könnte. Doch mit dieser Faszination geht auch eine Reihe von Anforderungen einher, die es zu verstehen und zu meistern gilt.
Inhaltsverzeichnis
- Die Vorbereitungen: Der Schlüssel zum Erfolg
- Routenplanung: Dein Fahrplan für das Abenteuer
- Ausrüstung und Bekleidung: Weniger ist oft mehr
- Physische Vorbereitung: Der Körper als Tempel
- Mentale Vorbereitung: Die Stärke im Kopf
- Unterwegs: Die Herausforderungen meistern
- Wetterumschwünge: Die Launen der Natur verstehen
- Orientierung und Navigation: Den Weg finden und halten
- Umgang mit Erschöpfung und Schmerzen: Grenzen erkennen und respektieren
- Motivation aufrechterhalten: Wenn der Geist müde wird
- Notfallsituationen managen: Besonnen handeln
- Nachhaltigkeit und Verantwortung: Die Natur schützen
- Spezielle Aspekte von Mehrtagestouren
- Alpencross vs. Küstenwanderung: Unterschiedliche Anforderungen
- Solo vs. Gruppe: Vor- und Nachteile
- Biwakieren vs. Hüttentour: Schlafplatzwahl
- Wintertouren: Die kalte Herausforderung
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Fazit: Das Abenteuer ruft
Die Vorbereitungen: Der Schlüssel zum Erfolg
Vorbereitung ist alles. Du hast wahrscheinlich schon von dem Sprichwort gehört: „Wer nicht plant, plant zu scheitern.“ Das gilt besonders für Mehrtagestouren. Ich erinnere mich an meine erste Wanderung über mehrere Tage in den Alpen. Ich war voller Vorfreude, aber auch ein bisschen naiv. Ich hatte nicht genug Wasser mitgenommen und lernte schnell, dass man seine Rationen klug einteilen muss. Das war ein lehrreiches Abenteuer! Eine gute Planung nimmt dir nicht die Spontaneität, sondern schafft die Grundlage für Sicherheit und Genuss.
Routenplanung: Dein Fahrplan für das Abenteuer
Bevor du dich auf den Weg machst, solltest du deine Route sorgfältig planen. Karten sind dein bester Freund. In Zeiten von GPS und Smartphones mag es verlockend sein, sich nur auf digitale Karten zu verlassen, aber ich empfehle, auch eine physische Karte dabei zu haben (das habe ich bei meiner letzten Tour gemacht und es hat sich als sehr nützlich erwiesen). So bist du auf der sicheren Seite, falls der Akku deines Geräts den Geist aufgibt! Eine gute Routenplanung umfasst weit mehr als nur den Start- und Endpunkt.
- Topographische Karten studieren: Lerne, Höhenlinien, Gewässer, Vegetation und Wegtypen zu interpretieren. Ein Maßstab von 1:25.000 oder 1:50.000 ist ideal für Wanderungen. Achte auf Steilheit, potenzielle Gefahrenstellen wie Felsabbrüche oder exponierte Grate.
- Digitale Helfer nutzen: Apps wie Komoot, Outdooractive oder AllTrails bieten detaillierte Routeninformationen, Höhenprofile und die Möglichkeit, Offline-Karten herunterzuladen. Sie können auch zur Navigation in Echtzeit genutzt werden. Denke aber immer an eine Powerbank für dein Smartphone.
- Wetterprognosen einholen: Prüfe die Wettervorhersage für das gesamte Tourgebiet und den gesamten Zeitraum. Bergwetter kann sich extrem schnell ändern. Dienste wie der Alpenverein oder Bergfex bieten spezielle und oft sehr zuverlässige Bergwetterberichte.
- Alternativrouten und Notausstiege planen: Was, wenn das Wetter umschlägt, ein Weg gesperrt ist oder du dich verletzt? Habe immer einen Plan B. Kenntnisse über mögliche Abstiegsmöglichkeiten oder Schutzhütten sind essenziell.
- Unterkünfte und Verpflegungspunkte: Wenn du nicht zeltest, buche Hütten oder andere Unterkünfte im Voraus, besonders in der Hochsaison. Informiere dich über Öffnungszeiten von Gasthäusern oder Einkaufsmöglichkeiten entlang der Strecke.
- Wasserquellen identifizieren: Das ist ein kritischer Punkt, besonders in trockenen Regionen. Markiere auf der Karte Bäche, Brunnen oder andere potenzielle Wasserstellen. Erwäge die Mitnahme eines Wasserfilters oder Entkeimungstabletten.
Aus meiner Erfahrung ist es ein großer Fehler, sich ausschließlich auf die digitalen Hilfsmittel zu verlassen. Die Kombination aus analoger Karte, Kompass und GPS-Gerät (oder Smartphone mit Offline-Karten) bietet die höchste Sicherheit. Einmal stand ich in den Dolomiten bei plötzlich aufziehendem Nebel. Mein Smartphone hatte keinen Empfang mehr und der Akku war fast leer. Nur die topographische Karte und mein Kompass haben mich sicher zur nächsten Hütte geführt.
Ausrüstung und Bekleidung: Weniger ist oft mehr
Die richtige Ausrüstung kann den Unterschied zwischen einer Qual und einem Genuss ausmachen. Es geht nicht darum, alles mitzunehmen, sondern das Richtige. Das Stichwort lautet: Gewichtsoptimierung nach dem Ultralight-Prinzip. Jedes Gramm zählt, besonders auf langen Touren.
- Das Zwiebelprinzip der Bekleidung: Trage mehrere dünne Schichten anstatt einer dicken. So kannst du dich flexibel an wechselnde Temperaturen und Anstrengungsgrade anpassen.
- Basisschicht (Baselayer): Atmungsaktive Unterwäsche aus Merinowolle oder Synthetik, die Feuchtigkeit vom Körper wegleitet.
- Isolationsschicht (Midlayer): Fleece-Pullover oder leichte Daunenjacke für Wärme.
- Wetterschutzschicht (Shell): Wasser- und winddichte Jacke und Hose (Hardshell) aus Gore-Tex oder ähnlichen Membranen.
- Zusätzlich: Mütze, Handschuhe, Ersatzsocken (Merinowolle!) und eine leichte Regenhose.
- Schlafsystem: Deine Wahl hängt stark davon ab, ob du zeltest oder in Hütten übernachtest.
- Zelt/Biwaksack: Achte auf geringes Gewicht und Packmaß. Ein 2-Personen-Zelt für Solotouren bietet oft mehr Komfort und Stauraum. Ein Biwaksack ist die Notlösung oder für Minimalisten.
- Schlafsack: Wähle einen Schlafsack mit der passenden Komforttemperatur für die erwarteten Tiefsttemperaturen. Daune ist leicht und warm, Synthetik unempfindlicher gegenüber Feuchtigkeit.
- Isomatte: Eine gute Isomatte isoliert nicht nur gegen Kälte vom Boden, sondern erhöht auch den Schlafkomfort. Der R-Wert gibt die Isolationsfähigkeit an – je höher, desto besser.
- Kochsystem und Verpflegung:
- Kocher: Ein leichter Gaskocher oder Spirituskocher ist ideal. Planen den Brennstoffbedarf sorgfältig.
- Geschirr: Leichtes Topfset, Besteck, Tasse.
- Nahrung: Kalorienreich, leicht, lange haltbar. Gefriergetrocknete Mahlzeiten, Müsliriegel, Nüsse, Trockenobst, Salami. Plane pro Tag ca. 3000-4000 Kalorien ein, abhängig von der Anstrengung.
- Wasser: Neben den bereits genannten Filtern oder Tabletten sind faltbare Wasserbeutel oder Trinkblasen praktisch.
- Navigationshilfen: Physische Karte, Kompass (mit Spiegel für Peilungen), GPS-Gerät und/oder Smartphone mit Powerbank und Ladekabel.
- Erste-Hilfe-Set: Ein gut ausgestattetes Set ist unverzichtbar.
- Inhalt: Blasenpflaster (verschiedene Größen), Desinfektionsmittel, Schmerzmittel, Verbandsmaterial (Mullbinden, sterile Kompressen), Tape, Pinzette, Zeckenzange, Rettungsdecke, Pflaster, Handschuhe.
- Anwendung: Übe den Umgang mit den wichtigsten Utensilien. Wissen, wie man eine Blase versorgt oder einen Verband anlegt.
- Persönliche Hygiene und Sonstiges: Biologisch abbaubare Seife, kleine Tube Zahnpasta, Zahnbürste, kleines Handtuch, Stirnlampe (mit Ersatzbatterien), Sonnencreme, Insektenschutz.
- Rucksack: Er muss bequem sitzen und das Gewicht optimal verteilen. Ein Volumen von 40-60 Litern ist für Mehrtagestouren meist ausreichend, abhängig von der Dauer und der Art der Tour. Probiere ihn vorab mit voller Beladung aus.
Der häufigste Fehler bei der Ausrüstung ist das Packen von zu viel unnötigem Ballast. Das „Ultralight-Prinzip“ bedeutet nicht, auf Sicherheit oder Komfort zu verzichten, sondern jedes Teil kritisch zu hinterfragen. Brauche ich wirklich drei T-Shirts oder reichen zwei, wenn ich eines abends wasche? Ist die schwere DSLR-Kamera wirklich nötig, oder tut es auch das Smartphone mit guter Kamera? Eine detaillierte Packliste, die du vor jeder Tour durchgehst, ist Gold wert.
Physische Vorbereitung: Der Körper als Tempel
Eine Mehrtagestour ist körperlich anspruchsvoll. Dein Körper muss über Tage hinweg Leistung erbringen, oft mit einem schweren Rucksack und in unterschiedlichem Gelände. Eine gute physische Vorbereitung ist daher unerlässlich, um Verletzungen vorzubeugen und die Tour genießen zu können.
- Ausdauertraining: Beginne mindestens 2-3 Monate vor der Tour mit regelmäßigem Ausdauertraining.
- Wandern mit Rucksack: Simuliere die Tourbedingungen, indem du mit deinem vollgepackten Rucksack wanderst. Steigere allmählich die Distanz und die Höhenmeter.
- Joggen oder Radfahren: Ergänze dein Training mit Cardio-Einheiten, um deine allgemeine Ausdauer zu verbessern.
- Schwimmen: Eine gelenkschonende Alternative, die den gesamten Körper stärkt.
- Krafttraining: Stärke insbesondere Beine, Rumpf und Rücken. Diese Muskelgruppen tragen die Hauptlast.
- Beinmuskulatur: Kniebeugen, Ausfallschritte, Wadenheben.
- Rumpfmuskulatur: Planks, Crunches, Rückenstrecker.
- Rückenmuskulatur: Rudern, Klimmzüge (falls möglich).
- Gleichgewicht und Koordination: Besonders wichtig auf unebenem Gelände.
- Yoga oder Pilates: Verbessern die Körperhaltung und Stabilität.
- Balanceübungen: Stehen auf einem Bein, Balancieren auf schmalen Untergründen.
- Höhenakklimatisation: Wenn deine Tour in große Höhen (über 2500m) führt, plane eine langsame Akklimatisation ein. Steige langsam auf, verbringe eine Nacht in mittlerer Höhe, bevor du weiter aufsteigst. Symptome der Höhenkrankheit (Kopfschmerzen, Übelkeit) ernst nehmen und gegebenenfalls absteigen.
Aus meiner Erfahrung ist es ein Trugschluss zu glauben, dass „man das schon schafft“. Selbst erfahrene Wanderer unterschätzen manchmal die kumulative Belastung über mehrere Tage. Ein gezielter Trainingsplan, der das Wandern mit Rucksack, Ausdauer- und Krafttraining kombiniert, hat sich für mich immer bewährt. Beginne lieber früher und steigere die Intensität langsam, um Überlastung und Verletzungen vorzubeugen.
Mentale Vorbereitung: Die Stärke im Kopf
Neben der körperlichen Fitness ist die mentale Stärke oft der entscheidende Faktor. Eine Mehrtagestour wird dich an deine Grenzen bringen – körperlich und psychisch. Der Umgang mit Müdigkeit, Schmerzen, schlechtem Wetter oder unerwarteten Problemen erfordert Resilienz und eine positive Einstellung.
- Visualisierung: Stelle dir vor, wie du die Tour erfolgreich meisterst. Visualisiere schwierige Passagen und wie du sie überwindest.
- Umgang mit Rückschlägen: Akzeptiere, dass nicht alles perfekt laufen wird. Ein falscher Abzweig, ein Regenschauer oder eine unerwartete Erschöpfung sind Teil des Abenteuers. Wichtig ist, wie du darauf reagierst.
- Positive Einstellung: Konzentriere dich auf die Schönheit der Natur, die kleinen Erfolge und die einzigartigen Erlebnisse. Lächeln hilft, auch wenn es schwerfällt.
- Angstbewältigung: Ob Höhenangst, Angst vor dem Alleinsein oder vor unbekannten Tieren – setze dich mit deinen Ängsten auseinander. Manchmal hilft es, darüber zu sprechen oder kleine Schritte zu machen, um sie zu überwinden.
- Realistische Erwartungen: Es wird nicht jeden Tag ein Postkartenmotiv geben. Es wird Tage geben, an denen du müde, hungrig und nass bist. Das gehört dazu.
- Reflexion: Führe ein Tourenbuch oder mache regelmäßige Notizen. Das hilft, Erlebnisse zu verarbeiten und die positiven Aspekte hervorzuheben.
Aus meiner Erfahrung sind die Momente der größten mentalen Herausforderung oft die prägendsten. Wenn ich mich an meine Alpenüberquerung erinnere, war es nicht der höchste Gipfel, sondern der Tag mit Dauerregen und Nebel, an dem ich mich am meisten überwinden musste. Der Triumph, es trotzdem geschafft zu haben, war umso größer. Die Fähigkeit, auch unter widrigen Umständen einen kühlen Kopf zu bewahren und weiterzumachen, ist eine der wichtigsten Lektionen, die man auf Mehrtagestouren lernt.
Unterwegs: Die Herausforderungen meistern
Die beste Vorbereitung nützt nichts, wenn man unterwegs nicht flexibel auf die Gegebenheiten reagieren kann. Auf Mehrtagestouren ist jeder Tag ein neues kleines Abenteuer mit eigenen Herausforderungen.
Wetterumschwünge: Die Launen der Natur verstehen
Besonders im Gebirge kann das Wetter innerhalb von Stunden umschlagen. Ein sonniger Morgen kann sich schnell in einen stürmischen Nachmittag mit Regen, Schnee oder sogar Gewitter verwandeln. Die Fähigkeit, Wetterzeichen zu erkennen und angemessen zu reagieren, ist lebenswichtig.
- Wetterzeichen erkennen:
- Wolken: Schäfchenwolken können auf Schönwetter hindeuten, während hohe, dünne Schleierwolken oft einen Wetterwechsel ankündigen. Aufziehende Quellwolken (Cumulus) können sich zu Gewitterwolken entwickeln.
- Wind: Ein plötzlicher Windrichtungswechsel oder eine Zunahme der Windstärke kann ein Indikator sein.
- Luftdruck: Ein fallender Luftdruck deutet oft auf schlechteres Wetter hin.
- Umgang mit Regen, Sturm, Kälte, Hitze:
- Regen: Ziehe deine Hardshell-Kleidung rechtzeitig an. Schütze deinen Rucksackinhalt mit einem Regencover oder Drybags.
- Sturm: Halte dich von Graten und exponierten Stellen fern. Suche Schutz hinter Felsen oder im Wald. Bei Zeltübernachtung: Zelt gut abspannen.
- Kälte: Schichtweise kleiden, warme Mütze und Handschuhe tragen. Warme Getränke helfen. Bei Anzeichen von Unterkühlung (Hypothermie) sofort Schutz suchen und aufwärmen.
- Hitze: Genügend Wasser trinken, Kopfbedeckung tragen, Pausen im Schatten einlegen, salzreiche Snacks essen, um Elektrolytverlust auszugleichen.
- Blitz und Gewitter: Bei Gewitterneigung exponiertes Gelände meiden. Keine Bäume oder Felswände berühren. In die Hocke gehen, Füße zusammenstellen. Metallgegenstände (Wanderstöcke) ablegen.
Aus meiner Erfahrung ist es besser, einmal zu viel die Regenjacke anzuziehen, als einmal zu wenig. Ein nasser und frierender Körper verliert schnell an Leistungsfähigkeit und Moral. Und ganz wichtig: Habe Respekt vor der Natur. Wenn das Wetter zu schlecht wird, ist es keine Schande, umzukehren oder einen Tag Pause in einer Hütte einzulegen. Sicherheit geht immer vor.
Orientierung und Navigation: Den Weg finden und halten
Selbst auf gut markierten Wegen kann man sich verirren, besonders bei schlechter Sicht oder Ermüdung. Eine sichere Navigation ist essenziell.
- Kartenlesen in der Praxis:
- Einordnen der Karte: Richte die Karte nach dem Gelände oder mit dem Kompass nach Norden aus.
- Geländeabgleich: Vergleiche markante Punkte auf der Karte (Gipfel, Täler, Seen) mit dem tatsächlichen Gelände.
- Abstandsschätzung: Lerne, Entfernungen auf der Karte einzuschätzen und mit der Gehzeit zu korrelieren.
- GPS-Nutzung:
- Track aufzeichnen: So kannst du im Notfall immer zum Ausgangspunkt zurückfinden.
- Wegpunkte setzen: Markiere wichtige Punkte wie Wasserquellen oder Gefahrenstellen.
- Offline-Karten: Stelle sicher, dass du Karten für die gesamte Route offline verfügbar hast.
- Bei Nebel oder Dunkelheit:
- Wegmarkierungen: Folge den Markierungen besonders aufmerksam.
- Kompass und Peilung: Bei Nebel kann der Kompass der einzige Anhaltspunkt sein. Peile einen Punkt an und gehe darauf zu.
- Stirnlampe: Unverzichtbar bei Dunkelheit. Achte auf eine gute Leuchtkraft und lange Batterielaufzeit.
Ein typischer Fehler ist, blind einem GPS-Track zu folgen, ohne das Gelände und die Karte zu verstehen. Was, wenn der Track falsch ist oder dich in eine Sackgasse führt? Lerne, intuitiv zu navigieren und das Zusammenspiel von Karte, Kompass und digitalem Gerät zu beherrschen. Übung macht den Meister – auch im heimischen Wald.
Umgang mit Erschöpfung und Schmerzen: Grenzen erkennen und respektieren
Auf einer Mehrtagestour ist es normal, müde zu werden und hier und da Schmerzen zu verspüren. Wichtig ist, den Unterschied zwischen normaler Erschöpfung und Warnsignalen des Körpers zu erkennen.
- Pausenmanagement: Mache regelmäßig Pausen, bevor du völlig erschöpft bist. Kurze, häufige Pausen sind oft effektiver als wenige lange. Nutze sie, um zu trinken, zu essen und die Füße zu lüften.
- Ernährung und Hydration:
- Regelmäßig essen: Halte deinen Blutzuckerspiegel stabil mit Snacks. Warte nicht, bis du hungrig bist.
- Ausreichend trinken: Dehydrierung ist ein großer Leistungshemmer. Trinke lieber kleine Mengen über den Tag verteilt. Laut Studien sind bereits 2% Flüssigkeitsverlust ausreichend, um die körperliche Leistungsfähigkeit signifikant zu mindern.
- Elektrolyte: Bei starkem Schwitzen Elektrolytgetränke oder salzige Snacks zu dir nehmen.
- Erste Hilfe bei Blasen, Muskelkater, leichten Verletzungen:
- Blasen: Sofort behandeln! Blasenpflaster oder Tape auf die betroffene Stelle kleben, bevor die Blase sich verschlimmert.
- Muskelkater: Ist normal. Leichte Dehnübungen, ausreichend Schlaf und gute Ernährung helfen.
- Leichte Verstauchungen/Zerrungen: Kühlen, hochlagern, ruhigstellen. Bei starken Schmerzen oder Instabilität medizinische Hilfe suchen.
Realistische Erwartungen sind hier wichtig: Dein Körper wird dir zeigen, wo seine Grenzen sind. Ignoriere diese Signale nicht. Aus meiner Erfahrung ist es ein Fehler, Schmerzen zu lange zu ignorieren, vor allem Blasen. Eine kleine, unbehandelte Blase kann einen ganzen Tourentag zur Hölle machen. Höre auf deinen Körper und sei proaktiv in der Selbstfürsorge.
Motivation aufrechterhalten: Wenn der Geist müde wird
Es wird Tage geben, an denen du am liebsten aufgeben würdest. Die Motivation aufrechtzuerhalten, wenn der Körper schmerzt und das Wetter mies ist, ist eine Kunst für sich.
- Kleine Etappenziele setzen: Anstatt an das ferne Ziel zu denken, konzentriere dich auf die nächste Biegung, den nächsten Hügel oder die nächste Pause.
- Die Natur genießen: Bewusster Blick für die Details – eine Blume, ein Vogel, ein besonderer Stein. Die Schönheit der Natur ist ein unerschöpflicher Motivationsquell.
- Die Gemeinschaft (wenn man nicht alleine ist): Gegenseitige Unterstützung, Ermutigung und gemeinsame Erlebnisse stärken den Zusammenhalt und die Moral. Statistiken aus Gruppenreisen zeigen, dass die Abbruchquote in gut funktionierenden Gruppen signifikant niedriger ist als bei Einzelgängern.
- Musik oder Hörbücher: Für manche ist es hilfreich, sich mit Kopfhörern abzulenken. Achte aber darauf, noch genug von der Umgebung mitzubekommen.
- Belohnungen einplanen: Freue dich auf das warme Essen in der Hütte, den Kaffee am Morgen oder das Erreichen eines besonders schönen Aussichtspunkts.
Aus meiner persönlichen Erfahrung ist die innere Einstellung oft entscheidender als die reine körperliche Fitness. Ich habe schon körperlich fitte Leute scheitern sehen, weil sie mental nicht durchgehalten haben, und weniger fitte Menschen, die durch puren Willen und eine positive Einstellung unglaubliche Leistungen vollbracht haben. Finde deine persönliche Motivationsstrategie!
Notfallsituationen managen: Besonnen handeln
Trotz aller Vorbereitung kann es zu Notfällen kommen. Ruhe bewahren und wissen, was zu tun ist, kann Leben retten.
- Was tun bei Verletzungen, Wettersturz, Orientierungsverlust:
- Verletzungen: Erstversorgung nach den Regeln der Ersten Hilfe (siehe Erste-Hilfe-Set). Bei schweren Verletzungen (Knochenbruch, Kopfverletzung) sofort Hilfe rufen.
- Wettersturz: Sofort Schutz suchen. Wenn das nicht möglich ist, versuche, so schnell wie möglich in sicheres Gelände abzusteigen.
- Orientierungsverlust: Bleibe ruhig. Versuche, dich anhand der Karte und markanten Punkten zu orientieren. Wenn das nicht gelingt, kehre zum letzten bekannten Punkt zurück. Wenn du dich wirklich verirrt hast, bleibe an einer gut sichtbaren Stelle und signalisiere Hilfe.
- Alpine Notrufe:
- Europaweit: 112 (Notrufnummer).
- Österreich: 140 (Alpiner Notruf).
- Gib genaue Angaben zu deinem Standort (GPS-Koordinaten), zur Art des Notfalls und zur Anzahl der Verletzten.
- Signalisation:
- Akustisch: 6x pro Minute pfeifen oder rufen, 1 Minute Pause, wiederholen.
- Optisch: 6x pro Minute mit Spiegel, Lampe oder Leuchtsignal winken, 1 Minute Pause, wiederholen.
- Eine leuchtende Rettungsdecke oder auffällige Kleidung kann bei der Ortung helfen.
- Prioritäten setzen: Im Notfall immer zuerst für Schutz sorgen (Wärme, Nässe vermeiden), dann Hilfe rufen und schließlich die Verletzten versorgen.
Ich selbst musste einmal einen Notruf absetzen, als ein Wanderfreund umknickte und nicht mehr weitergehen konnte. Die ruhige Stimme des Disponenten und die schnelle Reaktion der Bergwacht haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, die Notrufnummern zu kennen und präzise Angaben machen zu können. Auch ein Erste-Hilfe-Kurs speziell für Outdoor-Situationen ist eine extrem sinnvolle Investition.
Nachhaltigkeit und Verantwortung: Die Natur schützen
Als Outdoor-Sportler sind wir Gäste in der Natur. Es ist unsere Verantwortung, sie zu schützen und so zu hinterlassen, wie wir sie vorgefunden haben – oder noch besser.
- „Leave No Trace“ Prinzipien:
- Planung und Vorbereitung: Minimiere Abfälle, informiere dich über lokale Regeln.
- Auf Wegen bleiben: Schütze empfindliche Vegetation und Wildtiere.
- Abfälle mitnehmen
